Während in der Hauptstadt der Versuch einer hybrid-internationalen Präsenz-Berlinale in Zeiten der Pandemie unternommen wird, stellt das Filmforum sich der Aufgabe, Filme, die in möglichst viele verschiedene Länder führen, in den kürzesten Monat des Jahres zu packen.
Im Kino in Höchst geht es von Marokko, Burkina Faso, Algerien weiter nach Nordostsyrien, in die Schweiz, aber auch ein bisschen nach Polen, über Frankreich, schließlich nach Island, Georgien und nach Bhutan mitten hinein in den Himalaya. Egal, wie sehr vielleicht die Pandemie vom Entdecken anderer Kulturen und deren spezifischen Themen fernhält, so bringt doch das Kino die Menschen an Orte und verschafft Einblicke in Lebenswelten, die manchen eher verschlossen bleiben.
Traditionell findet Anfang Februar eigentlich das Festival „Africa Alive“ gemeinsam mit dem Deutschen Filminstitut und Filmmuseum (DFF) statt. Pandemie-bedingt hat sich nun alles im Jahresverlauf verschoben, sodass das eigentliche Festival wieder für den Sommer und Herbst geplant wird und beide Kinostandorte mit einigen Filmtitel einen kleinen Vorgeschmack auf Kommendes bieten.
In „Adam“ zeigt Schauspielerin und Filmemacherin Maryam Touzani, bekannt auch durch die Zusammenarbeit mit Ehemann und Produktionspartner Nabil Ayouch (Much loved), in ihrem ersten abendfüllenden Spielfilmdebüt starke Frauenfiguren, die sich – trotz der sie umgebenden patriarchalen Strukturen – in Casablanca ihren Platz erobern. Auch in „Souers“ von Yamina Benguigui gehen drei Schwestern gemeinsam mit der Mutter der Familiengeschichte, die sich zwischen Algerien und Frankreich abspielt, auf den Grund. Der Dokumentarfilm „Garderie Nocturne“ lässt einen tiefen Einblick in das Leben von Farida und Odile zu, die ihre Kinder des Nachts zu Frau Coda in Obhut geben, während sie selbst arbeiten müssen.
Schließlich stellt Peter Heller seinen Dokumentarfilm „Verkaufte Götter“ vor, in dem er sich dem sehr aktuellen Thema der Raubkunst widmet. Im Rahmen von „Africa Alive“ wird Regisseur Peter Heller sowohl im DFF am Samstag, 5. Februar, um 20.15 Uhr als auch am Sonntag, 6. Februar, um 18 Uhr im Filmforum Höchst zu Gast vor Ort sein. Das Gesamtprogramm findet man unter africa-alive-festival.de/ im Internet.
„Arbeiten in der Fremde“ fasst drei Filme zusammen, die auf den ersten Blick nicht unbedingt nahe beieinanderliegen: Im Zentrum steht der Spielfilm „Wanda, mein Wunder“ über die Erlebnisse der polnischen Pflegekraft Wanda mit ihren neureichen Arbeitgebern. Die Dokumentarfilme erweitern zwei Themenbereiche des Spielfilms: Während sich „The other Side of the river“ um die Befreiung einer jungen Frau aus der Unterdrückung hin zu Strukturen militanten Feminismus begibt, kritisiert „Regeln am Band bei hoher Geschwindigkeit“ den Zustand moderner Sklaverei in deutschen Fleischfabriken mit Leiharbeiterinnen und Leiharbeitern aus dem europäischen Osten. Am Samstag, 12. Februar, wird Antonia Kilian zu „The other Side of the river“ um 18 Uhr im Anschluss an den Film zur Diskussion online zugeschaltet sein.
Aus dem aktuellen französischen Kino präsentiert das Filmforum zwei Produktionen: Lange gewartet hat das Publikum auf den neuen Film von Robert Guédiguian „Gloria Mundi“, der „ein dunkles, aber nicht verzweifeltes Porträt einer Welt, in der moralische Werte und persönliche Bindungen brutal entwertet werden, zeigt. Neben dem prekären Umgang mit dem Familienzuwachs im erstgenannten Film geht es in Emmanuelle Bercots „De son vivant“ um den Versuch eines annehmenden Umgangs mit dem Wissen um eine tödliche Krankheit, unter anderem mit Catherine Deneuve, Benoît Magimel und Céline de France in den Hauptrollen. Nicht häufig gibt es Filme aus Bhutan zu sehen. „Lunana“ ist einer von ihnen, der vom besonderen Bruttosozialprodukt des Landes, dem Glück, erzählt, welches der angehende Lehrer Ugyen inmitten der abgelegenen Region Lunana findet, obwohl er im Begriff stand, in die Welt des Kapitalismus auszuwandern. Wie das Glück an der Natur in absurdem Ausmaß käuflich erworben werden kann, zeigt wiederum der verblüffende Dokumentarfilm „Die Zähmung der Bäume“ aus Georgien. Schließlich verbirgt sich eine etwas seltsame Symbiose von Tier und Mensch hinter dem mystischen Spielfilm „Lamb“ aus Island. Dieserart führt die letzte Februarwoche in unterschiedliche Aspekte rund um Mensch, Natur und der Suche nach dem Glück. red