Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier hat am Mittwoch, 1. Juli, im Industriepark Höchst die symbolische Grundsteinlegung für den Bau einer neuen Gasturbinenanlage vorgenommen.
Gemeinsam mit Jürgen Vormann und Dr. Joachim Kreysing, den Geschäftsführern von Infraserv Höchst, befüllte der Ministerpräsident mit Bauplänen, Tageszeitungen und einigen Münzen eine Metallkapsel, die in den Betonsockel eingebracht wurde. Auch ein in Plexiglas gefasstes Stück Kohle wurde dem Grundstein beigefügt – ein Symbol für den Kohleausstieg, der im Industriepark Höchst mit der Inbetriebnahme der Gasturbinenanlage im Jahr 2022 Realität wird. Getrübt wird die Feierstimmung bei Infraserv Höchst allerdings durch die aktuell anstehende Entscheidung des Bundestags, der voraussichtlich am Freitag im Rahmen der Beschlussfassung über das Kohleausstiegsgesetz die Förderrichtlinien für Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen wie die neuen Gasturbinen ändern wird – und zwar rückwirkend auch für Projekte, deren Realisierung – wie im Industriepark Höchst – bereits begonnen hat.
„Unser Land hat sich mit der Energiewende ambitionierte Ziele gesetzt. Das tun wir nicht aus einer Laune heraus, sondern weil wir die Schöpfung bewahren wollen und für künftige Generationen Verantwortung tragen“, sagte Ministerpräsident Bouffier im Rahmen der Feierstunde. „Wir können nur erfolgreich sein, wenn wir auch auf unsere Unternehmer setzen, die mit innovativen Ideen dazu beitragen, dass dieses Projekt gelingt und darüber hinaus ihren Teil dazu beitragen, dass wir Kohlendioxid-Emissionen einsparen können.“ Die neue Gasturbinenanlage werde dafür sorgen, dass Emissionen von rund einer Million Tonnen pro Jahr vermieden werden.
Infraserv-Geschäftsführer Dr. Joachim Kreysing nannte den Bau der neuen Gasturbinen-Anlage einen wichtigen Meilenstein für die Zukunftssicherung des Industrieparks Höchst. „Wir investieren rund 300 Millionen Euro in die Modernisierung der bestehenden Gasturbinen-Anlage und die beiden neuen Gasturbinen“, sagte der Infraserv-Geschäftsführer. „Damit setzen wir unsere Strategie zur Weiterentwicklung der Versorgungs-Infrastruktur und zur Steigerung der Energieeffizienz am Standort konsequent um.“
Die Bedeutung dieser Anlage geht weit über die Grenzen des Industrieparks hinaus. Der Strom aus dieser Anlage wird in das Netz der allgemeinen Versorgung ausgespeist und unterstützt damit die allgemeine Versorgungssicherheit des deutschen Stromnetzes, die durch die geplante Abschaltung der Kohle- und Kernkraftwerke in den nächsten Jahren vor Herausforderungen gestellt wird. Darüber hinaus ermöglicht die Anlage eine hochflexible Fahrweise. Damit kann die Stromproduktion in Zeiten von Stromüberschuss – unabhängig vom Dampfbedarf – heruntergefahren werden, um den Vorrang von Strom aus erneuerbaren Energieanlagen zu unterstützen und die Stabilität des Stromnetzes zu stärken. In Zeiten niedriger Produktion von erneuerbaren Energien kann die Stromproduktion dieser Anlage maximiert werden.
„Diese Anlage stellt damit eine mustergültige Umsetzung der energiepolitischen Zielsetzung im KWK-Bereich dar“, betonte Joachim Kreysing. Aus seiner Sicht sei es daher nicht nachvollziehbar, dass der Bundestag am Freitag im Rahmen des Kohleausstiegsgesetzes voraussichtlich die Förderkriterien für die Anlage verschlechtern wird. „Aktuell gehen wir davon aus, dass sich die Rahmenbedingungen im Vergleich zu dem Zeitpunkt, als wir diese 300-Millionen-Euro-Investition beschlossen haben, zu unseren Lasten verändern werden. Der Infraserv-Geschäftsführer befürchtet langfristig negative Auswirkungen für den Industriepark Höchst und den Wirtschaftsstandort Deutschland.
Infraserv Höchst hat in den vergangenen 15 Jahren bereits verschiedene signifikante Investitionen getätigt, um die Energieversorgungs-Infrastruktur des Standortes zukunftsorientiert und nachhaltig weiterzuentwickeln. So ist der Industriepark Höchst Standort einer Ersatzbrennstoff-Verbrennungsanlage, in der anstelle fossiler Brennstoffe heizwertreiche Bestandteile von Siedlungs- und Gewerbeabfällen für die Energieerzeugung genutzt werden. Auch die Biogasanlage von Infraserv Höchst liefert durch die Umwandlung von Klärschlämmen und organischen Abfällen in Biogas auf umweltfreundliche Weise Energie.
Projektleiter Andre Hawkridge stellte bei der symbolischen Grundsteinlegung die technischen Details der neuen Anlage vor. Die beiden neuen Gasturbinenanlagen haben eine elektrische Leistung von jeweils 88 Megawatt. Nachgeschaltet sind zwei nachgefeuerte Abhitze-Dampferzeuger, die jeweils pro Stunde bis zu 200 Tonnen, mehr als 500 Grad heißen Hochdruckdampf sowie maximal 22 Tonnen Niederdruckdampf erzeugen können.
Die Baustelle für die neue Gasturbinen-Anlage befindet sich im Nordteil des Industrieparks, nahe der bestehenden Anlage, deren Modernisierung aktuell läuft. Mit den neuen Gasturbinen-Anlagen erhöht Infraserv Höchst die Stromerzeugungskapazitäten im Industriepark Höchst um 60 Prozent auf 478 Megawatt. Noch wichtiger als der Strom ist die Wärme, denn produzierende Unternehmen in der Chemie- und Pharmaindustrie brauchen Prozessdampf für ihre Anlagen. Durch die neuen Kapazitäten ist der Industriepark Höchst auch für Neuansiedlungen und Produktionserweiterungen gerüstet und somit zukunftsorientiert aufgestellt. red