Die Tätigkeit des Frankfurter Jugendamtes lebt eigentlich vom persönlichen Kontakt. Doch das geht aufgrund der Kontaktbeschränkungen angesichts der Corona-Pandemie nur unter besonderen Bedingungen. Um weiterhin Leistungen und Hilfen anbieten zu können, kooperieren dessen Beschäftigte eng mit den Trägern der freien Jugendhilfe. Auf persönliche Besuche können die Bediensteten der Behörde allerdings nicht vollständig verzichten.
Die Aufgaben eines Jugendamtes gliedern sich in zwei Sparten, wie Nadine Delmas erläutert. Sie ist seit Dezember 2019 Leiterin des Jugend- und Sozialamtes. So übt es einerseits eine Wächterfunktion aus und muss tätig werden, wenn das Kindeswohl gefährdet ist. Auf der anderen Seite steht das Förderangebot, also ein Sortiment freiwilliger Hilfen, um schwierige Situationen in Familien bewältigen zu können. Freiwilligkeit geht vor Zwang – auch wenn es aktuell schwerer geworden ist, sich um beide Bereiche zu kümmern. „Wir funktionieren, nur anders“, berichtet Michael Krause, Leiter des Fachbereiches Jugend. „Etwa ein Drittel“ der rund 700 für Jugendhilfe zuständigen Mitarbeiter in den sieben Sozialrathäusern und zwei „Besonderen Dienste“ arbeiten täglich vor Ort. Die anderen erledigen ihre Aufgaben von zu Hause, via Homeoffice, mit mitgenommenen Unterlagen und per E-Mail oder Telefon. Ein Teil der Beschäftigten fällt auch aus, weil sie sich etwa um Kinder und Familienangehörige kümmern müssen. Leider sind sie bisher nicht als systemrelevant für die Kindernotbetreuung zugelassen.
Das macht manches schwerer, aber nicht unmöglich. „Unsere Dienste sind voll in Betrieb“, sagt Michael Krause. Anstelle des persönlichen Gespräches mit Klienten träten nun häufiger Telefonate. Der Außendienst sei heruntergefahren, aber nicht völlig ausgesetzt, erläutert Nadine Delmas. Wenn Kinderschutzmeldungen eingingen – also Hinweise auf Gefährdung des Kindeswohles im häuslichen Umfeld – sei persönlicher Kontakt erforderlich. „Es gibt Fälle, in denen müssen wir die Wohnung und das Umfeld sehen. Und natürlich führen wir weiter Inobhutnahmen durch“, erläutert sie. Hierfür ist das Amt vorbereitet. Den Mitarbeitern stehen für unabwendbare Wohnungsbesuche Mundschutz, Handschuhe und Desinfektionsmittel zur Verfügung.
Die Zahl von Kinderschutzmeldungen – jährlich etwa 3.500 – ist nach Angaben der Amtsleiterin seit Beginn der Corona-bedingten Beschränkungen weder signifikant gestiegen noch gesunken. Denn die Jugendämter seien weiter erreichbar für Nachbarn oder andere, die Auffälligkeiten melden. Hierzu gehören Mitarbeiter aus der Kinder- und Jugendarbeit und anderen Einrichtungen, wie etwa Beratungsstellen, die mit virtuellen Angeboten weiterhin den Kontakt mit jungen Menschen sowie deren Familien pflegen. Deren Verantwortliche registrierten Veränderungen im Verhalten von Kindern und Jugendlichen oder nähmen Hinweise auf Auffälligkeiten im Umfeld der Familien auf.
Daher sei die Zusammenarbeit mit verschiedenen Personen und Einrichtungen besonders wichtig. „Es ist ja nicht so, dass die sozialen Netze aufgehört haben zu existieren“, sagt Michael Krause. Über diesen Weg versuchen die Mitarbeiter des Jugendamtes, die Schließung von Schulen und Kindertageseinrichtungen zu kompensieren. Denn die Hinweise von Lehrern oder Erziehern, dass mit einem Kind „etwas nicht stimmt“, fallen aktuell weg.
Daher schließt sie nicht aus, dass es nach Ende der Krise „zu einer gewissen Verdichtung“ kommt. Auch könnten weitere Ursachen hinzutreten, wenn die aktuelle wirtschaftliche und soziale Unsicherheit andauere. „Wenn die Rahmenbedingungen für eine Familie schwieriger werden, hat das oft Auswirkungen auf das Familienklima und somit kann sich dies in Erziehungsproblemen bemerkbar machen“, sagt Nadine Delmas. Hier ist das Jugendamt bereits jetzt gefordert. „Wir bieten ein umfangreiches Set an Hilfen“, erklärt Michael Krause. Dieses Förderangebot stehe auch bereits jetzt zur Verfügung, wenn persönliche Kontakte erschwert seien. So ließen sich angesichts der besonderen Situation bereits abzeichnende Krisen frühzeitig angehen.
Für das Jugendamt hat die Corona-Krise eine weitere Entwicklung mit sich gebracht. „Wir lernen neue Formen von Kontaktaufnahme kennen“, berichtet Nadine Delmas. Dabei bezieht sie sich auf die verschiedenen Formen der Online-Kommunikation wie Messenger-Dienste und anderes, was die Mitarbeitenden teilweise von zu Hause einsetzen. Hier sieht sie einerseits Potenzial für Veränderungen bei der aktuellen Arbeit, weist aber auch auf Grenzen hin. „Nicht jede Familie ist in der Lage, eine Videokonferenz zu führen. Dazu lässt sich am Bildschirm nur sehr eingegrenzt sehen, wie es dem Kind geht“, sagt die Amtsleiterin.
Die Mitarbeiter des Jugendamtes können sich auf jeden Fall der Anerkennung ihrer Dezernentin sicher sein. „Wir können die Aufgaben dieser Einrichtung nicht runterfahren, da sie weiter anfallen – dazu unter erschwerten Bedingungen. Hierfür gilt allen Mitarbeitern mein ausdrücklicher Dank“, sagt Sozialdezernentin Daniela Birkenfeld. Sie fügt hinzu: „Wenn all das hinter uns liegt, werden wir in einem offenen Prozess die Erfahrungen der vergangenen Monate auswerten und überlegen, welche Anpassungen gegebenenfalls sinnvoll sind.“
Das Kinderschutztelefon des Frankfurter Jugendamtes ist von Montag bis Freitag von 8 bis 23 Uhr unter der Rufnummer 0800/201011 erreichbar, an Wochenenden ab 10 Uhr. Dessen Mitarbeiter bieten eine umfassende und qualifizierte Beratung bei Familienproblemen und Krisen an. Zusätzlich nehmen sie Hinweise auf eventuell überforderte Eltern und vernachlässigte Kinder entgegen. Außerhalb dieser Zeiten wird gebeten, in akuten Fällen die Polizei zu kontaktieren. Bei Angelegenheiten rund um laufende Hilfen stehen die Bediensteten der Sozialrathäuser für Kontaktaufnahme per Telefon oder E-Mail zur Verfügung und helfen. red