Die Mädchen haben sich in ihre feinsten Kleider geworfen, viele Jungs extra ein Hemd angezogen – ordentlich gebügelt, versteht sich. Die Schüler der Kasinoschule in Höchst nahmen an einem „Benimmkurs“ teil und waren zum ersten Mal im Luxushotel „Hessischer Hof“ zu Gast.
„Sehr aufgeregt“ seien ihre Schützlinge, sagt Lehrerin Katrin Barth. In diesem Jahr hat die Berner-Stiftung die Höchster Förder- und Hauptschüler zu ihrem Benimmkurs im feinen Grandhotel „Hessischer Hof“ eingeladen. „Gute Manieren sind wichtig, nicht nur beim Einstellungsgespräch, auch beim Firmenjubiläum oder einer Hochzeit“, sagt Walter Rau von der Stiftung.
Manieren-Trainer Mikael Horstmann, der den Kurs leitet, erklärt, warum der Mann etwas unterhalb einer Dame die Treppe herunterläuft und dass es ein Zeichen guter Manieren ist, den Müllmann, Postboten oder Kellner freundlich zu grüßen und sich bei der Putzfrau im Hotel zu bedanken. „Es geht um Respekt“, sagt Mikael Horstmann.
Ging es im Treppenhaus des Luxushotels noch ungebührlich laut zu, brachten die Schüler im Festsaal mit seinen opulenten Kronleuchtern und chinesischen Wandmalereien nur noch ein staunendes „Ohhhh“ hervor. Später, im feinen Salon mit edlen Tapeten, schweren Vorhängen und gedämpften Tischen gegen unangenehmes Gläserklappern konnten die Teilnehmer beim Suppe-Wettlöffeln ohne Kleckern eine Stecknadel fallen hören, so konzentriert waren alle bei der Sache.
Auf dem weißen Tischtuch lag für jeden Gang ein eigenes Silberbesteck, drei verschiedene Gläser waren exakt am oberen Tellerrand ausgerichtet. „Immer mit dem äußeren Besteck anfangen“, hilft Benimm-Coach Mikael Horstmann. Er erklärt, warum benutztes Besteck nicht wieder auf den Tisch zurückgelegt wird, wie man dem Kellner signalisiert, ob man mit dem Essen fertig ist oder nicht, wann man den letzten Schluck Suppe direkt aus der Tasse trinken kann und dass man auf einem Stehempfang das Glas am Kelch halten darf, bei Tisch aber nur am Stiel.
Nach der kleckerfreien Suppe wartete beim Mittagessen die nächste kulinarische Herausforderung: Spaghetti. Gegessen wurde nur mit Gabel, kein Löffel kam zur Hilfe. Das hinterlässt Spuren auf dem Hemd und der Tischdecke. „Macht nichts, sie sind ja zum Üben hier“, erklärt der Manieren-Trainer.
Aber muss es dafür gleich ein Luxushotel sein? „Unbedingt“, sagt Walter Rau, der sich über die Unterstützung durch andere Stiftungen wie die Polytechnische Gesellschaft, die Maren Heidemann Stiftung und die Stiftung Citoyen freut. „Es soll für die Schüler ein unvergessliches Erlebnis sein.“ Ganz nebenbei lotet der eine oder andere auch seine Chancen auf ein Praktikum in dem noblen Haus aus. Gute Manieren sind da hilfreich. red